Fahrt zum PS Speicher nach Einbeck

Bus-Trip zum Saisonauftakt 2015

 

„Kommst Du mit?“  „Wohin?“  „Zum PS-Speicher.“  „Wie jetzt: Turbolader?“  Nein – Getreidespeicher, früher!“  „Wie – Biogas?“  „Nein, in dem alten Kornspeicher in Einbeck stehen jetzt Autos und so …“   „Ich denk’, die machen da Bier?“   „Ja, auch!“

 

So oder ähnlich mag mancher von uns den Entschluss gefasst haben, sich mit „Teichmann-Reisen“ (fiktive Firma) und gechartertem Bus an einem Sonnabend-Morgen auf die A7 gen Süden Richtung Weserbergland zu machen. Die Erwartungen sind mittelgroß, hatte man doch in seinem Leben schon einige Museen-Besuche absolviert; immerhin: Der moderne Bus (inklusive erfahrenem Fahrer) macht einen vertrauens-würdigen Eindruck und durch die getönten Scheiben ist von außen nicht zu erkennen, dass der Altersschnitt der 34 Fahrgäste wohl jenseits der 50 liegen dürfte: Oldtimer-Fans eben.

 

Wir biegen dort auf den Parkplatz ein, der Busfahrer beweist, dass er sein „Handwerk“ versteht, als er den Dreiachser über enge PKW-Zufahrten auf einen Platz stellt, der dafür eigentlich gar nicht vorgesehen ist, und auf dem Fußweg zum Eingang laden ein paar in je einen Blech-Container mit seitlicher Glasscheibe drapierte Oldtimer-Autos ein: Naja, der graue BORGWARD Goliath in der Mitte hätte als Blickfang vielleicht eine hübschere = auffälligere Lackierung verdient (es gab ihn damals in wunderschönem, dezenten Orange). Der alte (ehemalige) Getreidespeicher im Stil eines 6-stöckigen Backstein-Hochhauses aus dem Jahre 1898 (!) ist da schon wesentlich imposanter.

 

In der modernen Eingangshalle überrascht zwar ein Exponat eines über Kopf aufgehängten Oldtimers über seinem skelettierten Zwilling, aber nur dem geschulten Blick offenbart sich, dass es ein früher BORGWARD (Hansa 1100, Bj. ab 1934) aus Bremen ist … Immerhin: Die elektronischen Führer mit Kopfhörer sind kostenlos (wo gibt es so etwas sonst noch?) !

 

Auch die Zeitlupenfahrt mit dem ehemaligen Lastenfahrstuhl in das oberste Geschoss des Speichers erzeugt noch kein Herzklopfen; dann steht man plötzlich vor dem ersten Stück „beräderten Fortbewegungsmittels“, das nach Ochsenkarren und Pferdekutschen damals für eine Sensation gesorgt haben mag: der zweirädrigen Fahrmaschine des Herrn Drais „mit Laufantrieb“ (weil ohne Pedale) aus dem Jahre 1812, sieht dazu den witzigen Film im Wettrennen mit Pferdekutsche und Langstreckenläufer zum Wirtshaus und Stück für Stück geht man auf eine spannende Zeitreise über Hochrad, erstem Automobil von Carl Benz und zahlreichen Motorrädern (z.T. noch mit Keilriemen-Antrieben) bis hin zu den Autos der Nachkriegs-Wirtschaftswunder-Zeit: Stockwerk über Stockwerk abwärts wird man gefangen genommen von der liebevollen, ideenreichen Art der Gestaltung! Alle Ausstellungsstücke sind mutig „zum Anfassen nah“ und nicht hinter Scheiben oder Gittern gefangen und die erläuternden Kurztexte sind sogar auch in englischer Sprache abgefasst … Man findet sich u.a. in einer Milchbar der 50er Jahre wieder mit funktionierender (kostenloser!) Jukebox (für jüngere Leser: automatischer, gekapselter Großplattenspieler mit Titelauswahl über mechanische Eingabetasten nach Münzeinwurf mit schönen Bass-Tönen ohne Subwoofer) oder in einer Camping-Szene mit „VW-Sambabus“ und seitlich geparktem „Amphicar“ aus Berliner Fabrikation (fahrbereite, gut restaurierte Exemplare liegen inzwischen jenseits der 65.000 €-Marke!).

 

Ich bin „hin und weg“ – welch ein Museum! Dass gerade noch Zeit bleibt für ein kurzes Mittagessen im angeschlossenen Restaurant oder in der wunderschönen Altstadt, die man eilig durchschreitet, um wenigstens einen kleinen Eindruck dieser ehemaligen Hansestadt (1368) mit den Fachwerkhäusern des 16. Jahrhunderts zu erhaschen, bis uns der Bus nach  knapp vier Stunden Reisezeit wieder in Maschen absetzt, ist schade – ich werde an einem Sommertag wiederkommen. Und BIER? Ja, das gibt es da auch, aber das wird dann beim nächsten Mal (Brauereibesuch?) ein weiteres Ziel sein …

 

Danke, „Teichmann-Reisen“ (Hans-Günter) !!!

 

Rainer Borgwardt.

 

P.S.: Wusstet Ihr, dass das hochprozentige Einbecker Bockbier ein großer Exportschlager schon zur Zeit der Hanse war und dass es in Hamburg (mit ebenso langer Brau-Tradition) sogar im Keller seines ersten Rathauses (Baubeginn 1228 an der Hökerstraße = heute „Dornbusch“) ausgeschenkt und darum „Eimbecksches Haus“ genannt wurde? Na dann: Prost!