Jubiläumsausfahrt 2022 ohne "Pomp and Circumstance"


"Mensch, bist du groß geworden!" Wer kennt diesen Spruch nicht als 10jähriger, der auf einer Familienfeier von Verwandten nach längerer Zeit so angesprochen wurde? Und natürlich erfüllte es einen dann mit Genugtuung, denn man will ja zu "den Großen" dazugehören ...

"Genugtuung" ist eigentlich zu wenig für Hans-Günter Teichmann und Frau Wera: Stolz darf man schon sein, wenn nach 10 Jahren Bestehens des Freundeskreises "Classics-Nordheide" regelmäßig (abgesehen von Corona-Aussetzern) einmal im Monat über 40 Personen in einem Tagungsraum des Hotels Maack (Maschen) zusammenkommen, um Erfahrungen aus der Oldtimerszene auszutauschen und gemeinsame Unternehmungen abzusprechen. Längst haben sich Freundschaften gebildet, weil die Männer auch ihre Ehefrauen / Partnerinnen mitgebracht haben und man angeregt über Alltagserlebnisse klönen kann. Schließlich vermag dann auch bei vielen, "die Küche kalt zu bleiben", weil die des Hotels dann zeigen darf, was sie an guten Speisen in kurzer Zeit im Verbund mit Getränken am Tisch servieren kann (wie schön, dass Frau Rein bei meinem "wie immer" dann weiß, worauf ich mich freue).

Bei der diesjährigen Jubiläumsausfahrt zum Hotel Fischhaus in Zarrentin / Schaalsee (Sonntag, 21. August 2022) über verschlungene "Nebenstreckenpfade" waren 33 + 1* Fahrzeuge unterwegs (meist doppelt besetzt), erfreuten sich die Insassen nicht nur des "Kaiserwetters", sondern auch der Störche beim 2. Frühstück auf abgelegenen Wiesen Norddeutschlands und anderer schöner Landschaftsdetails (Flussläufe / Kanäle / lauschige Dörfer). Mangels vorhandener Klimaanlagen in Oldtimern wundert es nicht, dass 16 Cabrios unterwegs waren (BMW E 30, Audi 80, VW Käfer + Golf, MG, Mercedes W 124 + 107, Porsche 911, Fiat 124 Spider und Jaguar XK); die anderen mühten sich bei Temperaturen > 30 °C mit offenen Fenstern um Frischluft per Fahrtwind. Gesehen wurden auch: Volvo PV 544 (der "Buckel-Volvo"), Mercedes 190er (W 201) + W 123 + W 124, Opel Rekord E + Kapitän P + Calibra, VW Polo + Passat, Corvette C 3, MG Metro und Fiat 500 - eine schöne. bunte Mischung, die manchen Passanten am Wegrand zum Winken anregte. Was will man mehr? Immerhin mussten sie mangels fehlender Katalysatoren minutenlang "deftige" Abgase früherer Jahrzehnte aushalten. (Irenes und Nils Hymer Wohnmobil stieß erst in Zarrentin auf der Rückkehr aus dem Mecklenburg-Urlaub zu uns.)

Wer jemals sich die Arbeit gemacht hat, ein Roadbook ("Strecken-Verlaufsskizze") für eine solche Ausfahrt zu entwerfen, weiß, welche Mühen und Unbilligkeiten auf einen lauern, vom Zeitaufwand ganz zu schweigen; der Anspruch ist hoch: Immerhin sollen ja alle - auch ohne Navi und auch als Alleinfahrer - am eingeschobenen Sammel-Stopp und erst recht am Zielparkplatz ankommen. Hatten wir uns jahrelang auf Günther Gaferts Handskizzen für die "Heide-Briten" eingelesen, so hat sich Olaf Steenbock diesmal mit den 2 x 4 Seiten mittels Computer-Programm erstellten Skizzen quasi "selbst übertroffen" bzw. Maßstäbe für zukünftige Touren gesetzt! (Ich möchte aber auch meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, nicht andere abgeschreckt zu haben, die auch Touren-Ideen im Kopf haben; Vielfalt hat noch nie geschadet.) Interessant war auch das Stück "DDR-Trabi-Teststrecke", bei der man infolge unregelmäßig verschütteter und planierter Schottersteine als Straßenbelag die verbauten Schrauben in seinem Fahrzeug zählen bzw. die Haltbarkeit der Auspuffanlage testen konnte. Vor Schreck versuchten viele Teilnehmer, im 5 km/h-Tempo den Parcour zu absolvieren mit Ausritten auf die schmale Sand-Bankette; wenn ich nicht zufällig vor Jahren einen Reisebericht über einen Trip durch die Sahara gelesen hätte, dass man auf solchen Schotterpisten nur mit höherer Geschwindigkeit (60 bis 80 km/h) erfolgreich ist, hätte ich mich auch nicht getraut, meinen Mietwagen (moderne Mercedes A-Klasse, 18.000 km gelaufen) derart zu beschleunigen. Olaf beteuert auf seiner Internet-Seite (https://ost-blog.passat32.de), das Stück "Straße" sei nicht einmal 900 m lang gewesen ...; jeder Teilnehmer würde hingegen schwören, gefühlt sei die Etappe mindestens endlos gewesen. Seid beruhigt: Olaf hat nicht versucht, Kunden-Akquise für seine Werkstatt an der Alten Harburger Elbbrücke ("König-Georg-Deich 4-6") zu betreiben ...!  

In Ermangelung eines Restaurants bzw. Imbiss-Wagens beim Zwischenstopp der Rückfahrt auf dem Gelände des Schlosses Wotersen in Roseburg hatte "Teichi" vorab geraten, sich hinreichend selbst mit Getränken, Kuchen und Klappgestühl zu versorgen, und der freie Platz vor dem gelben Anwesen bot überraschend immerhin zahlreiche Bierzeltgarnituren, die in den Schatten eines großen Baumes (Strahlen-Aralie?) verrückt werden konnten. Infolge vergessener Stuhlhussen (wie bringt man die auf Holzbänken an?) kamen bei mir aber keine "Guldenburg"-Gefühle auf, obwohl ich Ende der 80er alle Folgen (mit hochkarätiger Schauspieler-Besetzung) gesehen hatte.

So endete auch diese Ausfahrt mit dem wohligen Gefühl, sein schönes Auto durch "versteckte Ecken unserer norddeutschen Heimat" gesteuert, die Gemeinschaft genossen und diesmal auch an einem Sonntag die heimische Küche kalt gelassen zu haben. Nochmals: Dank an alle Beteiligten des Planungsteams und: "PROST" auf die nächsten 10 Jahre - hoffentlich dann nicht im Oldtimer-Rollator mit Elektro-Antrieb ...

 

Rainer Borgwardt (z.Zt. 72 Jahre, also hoffentlich in der vorletzten Dekade)

 

*Mein alter Borgward (Bj. 1961) konnte wg. defekten Anlassers nicht mitfahren und auch meine alte Mercedes E-Klasse W 124 (Bj. 1995) steht noch immer mit defekter Zylinderkopfdichtung in Harburg in der Werkstatt. So musste ich leider (?) mit einem Ersatzwagen, einer modernen Mercedes A-Klasse, mit ausgezeichnet funktionierender Klimaanlage und wunderbarem Fahrgestell (s.o.) teilnehmen.